Anfrage Mietpreise für Sozialschwache
Anfrage gemäß § 8 der GeschO des Rates der Stadt Siegen zur nächsten Sitzung des Sozialausschuss am 10.03.2016
Günstiger Wohnraum wird, insbesondere bedingt durch die große Anzahl von Studierenden und die steigende Anzahl unterzubringender Flüchtlinge nach unserem Kenntnisstand kaum angeboten. Die Mieten sind stetig steigend; Wohnungen deren qm-Preise im Bereich bis zu 5,00 € liegen sollen kaum noch auf dem Markt vorhanden sein. Dies trifft dann auch immer häufiger Empfänger von Sozialhilfe- und Hartz-IV-Leistungen, wo die festgelegten Obergrenzen für derartige Leistungen unterhalb der auf dem Markt angebotenen Mietwohnungen liegen. Um die Situation und die daraus erwachsenen Handlungserfordernisse besser beurteilen zu können, bitten wir um die Beantwortung der nachfolgenden Fragen:
- Wie beurteilt die Verwaltung den Wohnungsmarkt in der Stadt Siegen für die Empfänger der o.g. Sozialleistungen?
- Gibt es genügend Wohnraum für 5 € pro Quadratmeter?
- Gibt es Erkenntnisse über den Umfang (Anzahl) über Entscheidungen von Job-Center und Sozialverwaltung über die Angemessenheit von Mietraum und Miethöhe?
- Ist es richtig, dass die Obergrenze der Sozialleistungen für die Kaltmiete pro Quadratmeter unterhalb der Mietpreis-Obergrenze gemäß Wohnraumförderungsbestimmungen liegt?
- Gibt es in der Stadt Siegen aktuell Bauprojekte für günstigen Wohnraum (<5 €/m²)?
- Wenn ja, um wie viele Wohneinheiten und welche Art von Wohnungen handelt es sich?
Auszug aus der Niederschrift (Seite 3) vom 10.03.2016:
Herr Schmidt beantwortet die Anfrage der UWG-Fraktion wie folgt:
Vorbemerkung: Die Zuständigkeit für die Wohnraumförderung (z. B. Bewilligung von Fördermitteln) und die Festlegung der Kriterien für angemessenen Wohnraum liegt beim Kreis Siegen-Wittgenstein. Der zuständige Geschäfts-/Fachbereich hat daher bereits das Gespräch mit den entsprechenden Bereichen der Kreisverwaltung ge-sucht und der Bürgermeister hat die Thematik in die Bürgermeisterkonferenz einge-bracht.
1. Wie beurteilt die Verwaltung den Wohnungsmarkt in der Stadt Siegen für die Empfänger von Sozialhilfe- und Hartz-IV-Leistungen?
Antwort: Die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen und Asylbewerbern stellt derzeit eine der größten Herausforderungen für die Stadt Siegen dar. Zielsetzung ist eine möglichst schnelle Unterbringung und Vermittlung in vorhandenen regulären Wohnraum. Darüber hinaus wird es kurz- und mittelfristig notwendig sein zusätzlichen Wohnraum zu schaffen.
In der Stadt Siegen war die ausreichende Wohnraumversorgung für Bezieher von Sozialleistungen bereits vor dem massiven Anstieg des Zuzugs von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu den vorgegebenen Angemessenheitsgrenzen schwierig. Verwiesen wird hier u.a. auf das Wohnungsmarktkonzept (Vorlage 143/2014). Die Situation hat sich nun noch einmal deutlich verschärft.
Im fünften LEG-Wohnungsmarktreport (auch freifinanzierte und private Wohnungen) von 2014 wird beispielsweise festgestellt, dass seit 2009 eine Mietsteigerung von 15 – 30 % im Kreisgebiet erfolgt ist, so dass die durchschnittlichen Mieten in der Stadt Siegen bei 6,15 €/m² liegen.
2. Gibt es genügend Wohnraum für 5 € pro Quadratmeter?
Antwort: Nach Einschätzung der Verwaltung gibt es keinen ausreichenden bezahlba-ren Wohnraum in der Stadt Siegen. Zu berücksichtigen ist, dass das Defizit an Wohnraum je nach Haushaltsstruktur variiert. Die größte Nachfrage und das kleinste Angebot bestehen im Bereich der kleinen Wohnungen für 1-Personenhaushalte. Bei der städtischen Wohnungsvermittlungsstelle sind 60 % der Wohnungssuchenden 1-Personenhaushalte. Nur 8 % der freigemeldeten Wohnungen sind aber für 1 Person. Ebenso finden sich auf dem privaten Wohnungsmarkt kaum angemessene Wohnungen. Nur 7 - 13 % der Wohnungen liegen im vorgegebenen Rahmen.
3. Gibt es Erkenntnisse über den Umfang (Anzahl), über Entscheidungen von Job-Center und Sozialverwaltung und über die Angemessenheit von Mietraum und Miethöhe?
Antwort: Aus dem Bereich des Jobcenters Siegen liegen keine Angaben vor. Der Verwaltung ist aber bekannt, dass es viele Haushalte gibt, die in Wohnungen über der Angemessenheitsgrenze leben und die übersteigenden Miet- und Nebenkosten von ihrem ohnehin geringen Lebensunterhalt zahlen müssen.
Für den Bereich der Personen im Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG ist fest-zustellen, dass laufend Vorsprachen zu Wohnungsangeboten und auch Mietverträgen stattfinden. Eine Statistik hierzu wird nicht geführt. Hinzuweisen ist, dass die städtische Leistungsabteilung eine Bewertung des "Gesamtpaketes“ vornimmt, d. h. maximal zustehende Wohnungsgröße (53 / 67, 80, 95 usw.) x 5,00 € Grundmiete zuzüglich 1,40 Nebenkosten (ohne Heizkosten) ergeben den maximalen Höchstbetrag.
4. Ist es richtig, dass die Obergrenze der Sozialleistungen für die Kaltmiete pro Quadratmeter unterhalb der Mietpreis-Obergrenze gemäß Wohnraumförde-rungsbestimmungen liegt?
Antwort: Die Kriterien für angemessenen Wohnraum nach Größe und Kaltmiete wurden seit Gültigkeit des neuen SGB II (sog. „Hartz IV) im Jahre 2005 nicht verändert bzw. angepasst. Da die Mieten auch zuvor nicht angehoben wurden, sind diese mindestens 15 Jahre nicht mehr vom Kreis Siegen-Wittgenstein angepasst worden.
Die Miethöhe im sozialen Wohnungsbau liegt bereits bei 30 % der Wohnungen über 5,- €. Nach den derzeitigen Angemessenheitskriterien können Empfänger von Leistungen nach SGB II und SGB XII noch nicht einmal alle freigemeldeten Sozialwohnungen beziehen, da nur 5 € pro m² übernommen werden.
Bei Erstbezug einer neu errichteten Sozialwohnung liegt die Miete bei 5,25 € pro m² (Siegen liegt im Mietniveau 3). Die kalten Betriebskosten (ohne Heizung) betragen (besonders in Hochhäusern) bis zu 2,32 € pro m². Übernommen werden höchstens 1,68 €. Da diese Wohnungen nicht ausreichend zur Verfügung stehen, zahlen zunehmend viele Menschen die übersteigenden Miet- und Nebenkosten von ihrem ohnehin zu geringen Einkommen oder Regelsatz.
5. Gibt es in der Stadt Siegen aktuell Bauprojekte für günstigen Wohnraum (<5 €/m2)?
Antwort: Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist seit 2007 Bewilligungsbehörde für den Bau von öffentlich geförderten Wohnungen. Daher liegen hierzu keine Angaben vor. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass der in den vergangenen Jahren erfolgte gering-fügige Neubau nicht das Auslaufen der Bindungen von ehemals öffentlich geförderten Wohnungen ersetzt. Laut Modellrechnung der NRW Bank sinkt die Zahl der 2385 Sozialwohnungen in Siegen bis zum Jahre 2025 nochmals um 39 %.
6. Wenn ja, um wie viele Wohneinheiten und welche Art von Wohnungen handelt es sich?
Antwort: Da die Frage 5 nicht mit „Ja“ beantwortet wurde erübrigt sich eine Antwort zu Frage 6.
Frau Bammann ergänzt, dass heute ein Gespräch zu dieser Thematik zwischen dem Bürgermeister und dem Landrat stattgefunden hat. In diesem Jahr sollen die Voraus-setzungen für den Haushalt 2017 geschaffen werden, damit sich der Kreistag intensiv mit dem Thema auseinandersetzen kann um eine angemessene Regelung zu finden.
Herr Langer möchte erfahren, ob geplant ist den Betrag pro Quadratmeter, der als Grundmiete anerkannt wird, auf mindestens 5,50 € zu erhöhen, damit die Chance besteht, das sozial schwächere Personen Wohnraum anmieten können.
Frau Bammann erläutert, dass der Kreis die Sozialhilfe an die Stadt delegiert hat. Es besteht somit seitens der Stadt kein Handlungsspielraum für eine Erhöhung der Leis-tungen. Durch das Gespräch mit dem Landrat wird dies nun seitens des Kreises bearbeitet. Eine Umsetzung wird jedoch erst im Haushalt 2017 möglich sein.