Antrag Ausstiegskonzept für Pestizideinsatz auf öffentlichen Grün- und Forstflächen

Antrag gemäß § 9 der GeschO des Rates der Stadt Siegen zur nächsten Sitzung des Rates am 21.02.2018

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Mues,

Glyphosat ist der weltweit am häufigsten eingesetzte Wirkstoff zur „Unkrautbekämpfung“. Er wird über grüne Pflanzenteile aufgenommen und über den Saftstrom in der ganzen Pflanze verteilt. Glyphosat wird gegen unerwünschte Beikräuter auf landwirtschaftlichen Flächen (Acker-, Wein- und Obstbau, Wiesen und Weiden), im Wald, auf Kommunalflächen (Plätze, Parks), in Haus- und Kleingärten (Rasen, Wege), an Friedhöfen sowie auf Straßenrändern und Bahndämmen verwendet.

Glyphosathaltige Produkte können in nahezu jedem Baumarkt/Gartencenter gekauft werden. Glyphosat wird in verschiedenen Mischungen und unter verschiedenen Markennamen (wie z.B. Roundup®) vertrieben. In Deutschland sind derzeit 70 Produkte zugelassen.

In den letzten Jahren verdichten sich die Hinweise, dass der Wirkstoff Glyphosat und weitere Zusatzstoffe sowie deren Abbauprodukte gefährlicher sind als bisher angenommen. Die Internationale Agentur für Krebsforschung der WHO kommt nun (März 2015) nach zahlreichen Untersuchungen zu dem Schluss, dass Glyphosat „als wahrscheinlich krebserregend“ einzustufen ist.

Ebenso steht es im Verdacht, bei Tieren und Menschen die Fortpflanzung und Embryonal- bzw. Fötalentwicklung negativ zu beeinflussen. Auch trägt der Einsatz von Glyphosat Mitschuld an der Abnahme von Blühpflanzen. Diese wiederum werden aber unbedingt als Nahrung für Bienen und andere Bestäuberinsekten gebraucht. Die Fachleute sind sich weitgehend einig, dass für einen großen Teil dieser Entwicklung Pestizide (der meistgebrauchte Wirkstoff in Pestiziden ist Glyphosat) sowie Neonicotinoide verantwortlich sind, die nicht nur Organismen, die auf dem Acker leben, besonders alle Insekten.

Zu Herbiziden wie Glyphosat gibt es u.a. folgende Alternativen:

  • Förderung der Akzeptanz und Anlegung einer natürlichen („wilden“) Vielfalt an Pflanzen, denn „geputzte“ Äcker und Gärten, Einheitsflora und Einheitsrasen sind nicht natürlich! Diese natürlichen Flächen bieten dann auch Rückzugsraum und Nahrung für Bienen und andere Insekten.
  • Schaffung von Blumenwiesen statt kommunaler Rasenflächen.
  • Nutzung von anderen Herbiziden mit weniger ungünstigen Umwelteigenschaften wie z.B. Finalsan oder Einsatz von Flämmgeräten zur Beikrautvernichtung.
  • Förderung des Biologischen Landbaus und der Bio-Gärtnerei bzw. Verzicht auf Pestizide (Fruchtfolgen, Beikrautbeseitigung händisch oder maschinell).

Ein kurzfristiges EU-weites Verbot ist lediglich an der politischen Uneinigkeit des EU-Parlaments gescheitert; aufgrund der bundespolitischen Diskussion ist mit einem bundesweiten Verbot in den nächsten 2 bis 3 Jahren zu rechnen.

Aus diesem Grund schlägt die UWG Fraktion vor, dass die Stadt Siegen sich in Form einer freiwilligen Selbstbindung verpflichtet, bei der Pflege kommunaler Grünflächen auf die Verwendung von Glyphosat-haltigen Pestiziden zu verzichten und Alternativen zu suchen.

Vor diesem Hintergrund stellen wir folgenden Antrag:

  1. Die Stadtverwaltung entwickelt ein Konzept für eine zeitnahe Beendigung des Einsatzes synthetischer Pestizide, darunter Glyphosat, auf öffentlichen Grünflächen/Forstflächen und Flussläufe in unserer Stadt. Das Konzept beinhaltet einen Maßnahmenplan mit zeitlichen Schritten bis zum völligen Verzicht auf den Einsatz von synthetischen Pestiziden.
  2. Die Stadtverwaltung stellt dar, in welchen Bereichen sie bei der Umstellung auf pestizidfreie Methoden immer noch Probleme sieht und welche alternativen Lösungsmöglichkeiten dafür künftig infrage kommen.
  3. Geprüft wird u. a. welchen Beitrag neue Methoden wie die Nutzung von Heißdampfgeräten in Siegen für die Pflege von öffentlichen Grünanlagen leisten könnten.
  4. In den Pachtverträgen für städtische Grünflächen bzw. landwirtschaftlich genutzten Flächen wird festgelegt, dass keine glyphosathaltigen Herbizide eingesetzt werden dürfen.
  5. In die Ausschreibungen von Dienstleistungen für die Pflege städtischer Grünflächen wird der Verzicht auf den Einsatz synthetischer Pestizide aufgenommen.
  6. Die Stadtverwaltung tritt in Austausch mit anderen Kommunen, um gegenseitig von Lösungsansätzen und Erfahrungen zu profitieren.
  7. Die Bevölkerung wird informiert und vor dem Hintergrund des anstehenden bundesweiten Verbots gebeten, in eigenen Gärten keine glyphosathaltigen Unkrautvernichtungsmittel mehr einzusetzen. Listen dieser Unkrautvernichtungsmittel können im Internet abgedruckt werden. Damit soll das Bewusstsein über die gesundheitlichen Gefahren und die umweltschädlichen Wirkungen auf Pflanzen und Bestäuberinsekten von Pestiziden erhöht werden.

Auszug aus der öffentlichen Niederschrift über die 33. Sitzung des Rates am 21.02.2018:

Ergebnis:

Herr Schumann verweist verwaltungsseitig auf die Beantwortung einer Anfrage in der Sitzung des Rates am 20.12.2017 zum Pestizideinsatz auf öffentlichen Grün- und Forstflächen und verliest diese noch einmal. Herr Langer erklärt, dass die Antragsteller andere Informationen hatten.

=> Aufgrund des Berichtes der Verwaltung erklären die Antragsteller den Antrag für erledigt.

Die Beantwortung, die der Ratssitzung vom 20.12.2017 beigefügt wurde, kann hier eingesehen werden.

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