Antrag Verbesserter Zugang zum Gesundheitssystem für Flüchtlinge nach dem "Bremer Modell"

Antrag gemäß § 9 der GeschO des Rates der Stadt Siegen zur nächsten Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familien- und Seniorenfragen

Sehr geehrter Herr Schulte,

die UWG-Fraktion im Rat der Stadt Siegen beantragt, folgenden Beschluss zu fassen:

Die Verwaltung wird beauftragt, Verhandlungen mit den gesetzlichen Krankenversicherungen aufzunehmen und eine entsprechende Vereinbarung nach § 264 Abs. 1 SGB V zur medizinischen Versorgung der Leistungsberechtigten nach §§ 4/6 AsylbLG zu treffen (nach dem sog. „Bremer Modell“).

Begründung:

Die UWG-Fraktion will die medizinische Regelversorgung für Flüchtlinge und Asylbewerber verbessern und deren Krankenbehandlung auf eine gesetzliche Krankenversicherung in Anlehnung an das „Bremer Modell“ übertragen. Hierbei erhalten Leistungsberechtigte nach §§ 4 und 6 AsylbLG eine Krankenversicherten-Chipkarte der gesetzlichen Krankenversicherung.

Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG, also Personen, die länger als 48 Monate in Deutschland und im Leistungsbezug sind, können bereits jetzt mit der Chip-Karte einer gesetzlichen Krankenkasse nach Wahl einen Arzt ihrer Wahl aufsuchen. Für alle anderen Flüchtlinge ist das AsylbLG gerade bezogen auf die gesundheitliche Versorgung problematisch. Zum einen ist der Zugang zum Gesundheitssystem durch die Beantragung der medizinischen Leistungen beim Sozialamt erschwert, zum anderen ist der Leistungsumfang nach §§ 4 und 6 AsylbLG erheblich eingeschränkt. Die im AsylbLG vorgesehenen

Leistungseinschränkungen sind in der Praxis oft umstritten und führen nicht selten zu zeitlichen Verzögerungen der Behandlung zu Lasten der Patienten.

Gemäß § 264 Abs. 1 SGB V (Übernahme der Krankenbehandlung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung) kann bereits jetzt die die Krankenbehandlung für Flüchtlinge, Asylbewerber und Geduldete auf die Krankenkassen übertragen werden.

Durch die Ausstattung mit KV-Karten könnten Flüchtlinge und Asylsuchende ihre Versorgung über eine Versichertenkarte in Anspruch nehmen, ohne in jedem Fall eine Bewilligung der zuständigen Dienststellen einholen zu müssen. Dies bedeutet einen gleichberechtigten Zugang zu gesundheitlichen Leistungen bei Ärzten, in Krankenhäusern und bei sonstigen Leistungserbringern, wie bei den anderen Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung auch.

Dieses Verfahren würde die Gesundheitsversorgung deutlich verbessern und auch zur „Normalität“ im Alltag der Betroffenen bei der Inanspruchnahme der Leistungen im Gesundheitswesen beitragen. Der zusätzliche Weg über das Sozialamt bzw. dem Amtsarzt entfällt.

Auszug aus der öffentlichen Niederschrift über die 4. Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familien- und Seniorenfragen vom 25.06.2015:

"5.2 Sachstandsbericht zur Krankenversorgung des Personenkreises mit Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)

Vorlage Nr. 486/2015   dazu. Antrag der UWG Fraktion

Herr Langer macht deutlich, dass dies kein originärer Antrag der UWG-Fraktion ist, sondern auf eine Initiative der Fraktion B‘90/GRÜNE auf Landesebene zurückgeht. Mit diesem Antrag soll gemeinsam eine Verbesserung für die Flüchtlinge erreicht werden. Unter anderem sollen diese eine Krankenversorgung erhalten können, ohne die medizinischen Leistungen beim Sozialamt beantragen zu müssen. Ziel des Antrages ist es auch eine Vereinfachung für die Verwaltungsmitarbeiter zu schaffen. Er berichtet von einigen Kommunen, die sich in diesem Bereich ebenfalls engagieren und tätig geworden sind.

Herr Schmidt erläutert, dass es zwar Bemühungen von einzelnen Kommunen gibt, jedoch keine Vereinbarungen mit den Krankenkassen geschlossen werden konnten. Man sieht in der vorgeschlagenen Änderung ebenfalls eine Entlastung für die Verwaltung. Personelle Einsparungen bei der Ausgabe von Krankenscheinen könnten als Ressourcen bei der Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge eingebracht werden. Inhaltlich arbeiten Verwaltung und Politik deckungsgleich.

Herr Bender bringt einen weiterführenden Beschlussvorschlag (siehe Beschluss unten) ein, welcher von der Koalition unterstützt wird. Für ihn ist es wichtig dieses politische Zeichen zu setzen und er hofft, seinen Vorschlag als Antrag gemeinsam beschließen zu können.

Die SPD-Fraktion kann sich dem Antrag anschließen, da bereits ähnliche Überlegungen angestellt wurden, so Herr Molzberger.

Frau Opterbeck teilt mit, dass sich die CDU-Fraktion dem Antrag von Herrn Bender anschließt.

Herr Schulte für die WAS-Fraktion, Frau Bosch für die Fraktion DIE LINKE und Herr Dr. Bauch für die FDP-Fraktion unterstützen ebenfalls den Antrag von Herrn Bender an.

Beschluss über den durch B‘90/GRÜNE geänderten Antrag:

  1. Die Stadt Siegen erklärt ihren grundsätzlichen Willen, schnellstmöglich die Gesundheitskarte für Flüchtlinge einzuführen, um die gesundheitliche Versorgung von Asylbewerberinnen und – bewerbern zu verbessern und die Kommune hinsichtlich des Verwaltungsaufwands zu entlasten.
  2. Die Verwaltung wird aufgefordert, in diesem Sinne tätig zu werden und die notwendigen inhaltlichen und organisatorischen Vorbereitungen zu treffen.
  3. Die Landesregierung wird gebeten, die begonnenen Verhandlungen mit den Verbänden der Krankenkassen für eine Landesrahmenvereinbarung, der die Kommunen beitreten können, baldmöglichst abzuschließen. Die kommunalen Spitzenverbände sollen in die Gespräche einbezogen werden.
  4. Die Landesregierung wird zudem gebeten, die Verhandlungen mit dem Bund und den Ländern mit dem Ziel fortzusetzen, die zwischen Bund und Länder getroffene Vereinbarung zur gesundheitlichen Versorgung von Asylbewerberinnen und – bewerbern so auszugestalten, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge auf der Basis der erfolgreichen Modelle aus Bremen und Hamburg geschaffen und für die Krankenkassen verbindlich gemacht werden.  

Beratungsergebnis: Einstimmig dafür, 0 Enthaltungen

=> Der Ausschuss für Soziales, Familien- und Seniorenfragen des Rates der Stadt Siegen nimmt den Sachstandsbericht zur Kenntnis.

4. AfSFS 25.06.2015"

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