Beitrag zum Haushalt 2020 der UWG-Fraktion im Rat der Stadt Siegen

Sitzung des Rates der Stadt Siegen am 26.02.2020. - es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates, meine sehr geehrten Damen und Herren der Verwaltung,

mein Gruß geht auch an die interessierten Zuhörer auf der Tribüne und natürlich auch an die Vertreterinnen und Vertreter der Presseorgane,

seien Sie herzlich willkommen!

Die Haushaltsberatungen zum Haushalt 2020, einem Wahljahr, waren nach meiner Einschätzung ausgesprochen unspektakulär.

Anders als in den letzten Jahren, wo um Grundsätzliches gerungen und gestritten wurde, habe ich derartige Auseinandersetzungen nur andeutungsweise, aber völlig unaufgeregt wahrgenommen. Anders als in der sogenannten großen Politik und ich unterlege dies mit den heutigen Anträgen zum Haushalt 2020, sind die Inhalte und Anträge überwiegend von einer großen Mehrheit des Rates getragen.

Die beherrschenden Themen -und ich nenne nur 10 Themen, ohne durch die Reihenfolge der Aufzählung eine Rangordnung in der Wichtigkeit festzulegen – die beherrschenden Themen waren und sind

  1. die allgemeine Haushaltslage dieser Stadt und das Ringen um den Haushaltsausgleich 2022
  2. das Ringen um eine spürbare Veränderung und Verbesserung der gesamten Ökologie mit dem Ziel der Klimaneutralität in unserer Stadt
  3. die mit dem Projekt „Universität in die Stadt“ verbundenen deutlich sichtbaren Infrastrukturmaßnahmen in der Innenstadt,
  4. das große Thema Sicherheit und Ordnung,
  5. die wirtschaftlich Stärkung und Stabilisierung der Einzelhandelsstandorte auch und insbesondere in den sog 1-B-Lagen wie Geisweid, Weidenau und Eiserfeld,
  6. die Fragen der verkehrlichen Erschließung mit dem großen Thema der Sicherstellung und Weiterentwicklung des ÖPNV,
  7. der weitere Ausbau der Kitas und der weitere Abbau des Renovierungsstaus in unseren Schulen,
  8. die Beseitigung des Renovierungsstaus in unserem teilweise desolaten Straßennetz,
  9. die Schaffung und Sicherstellung der Arbeitsplätze in Siegen, einhergehend mit dem Ausbau weiterer dringend erforderlicher Gewerbeflächen sowie von Möglichkeiten für weiteren Wohnraum mit einer deutlichen Erhöhung des Anteils im Bereich des sozialen Wohnungsbaus.
  10. das große Thema Digitalisierung, wobei die hiermit verbundenen Aufwendungen und Erfordernisse nur andeutungsweise bekannt und abschätzbar sind.

Man sieht allein an dieser unvollständigen Aufzählung, dass sich die Aufgabenfülle für Verwaltung und Politik ausgesprochen anspruchsvoll darstellt und mit dem zur Verfügung stehenden Personal- und Finanzrahmen wenn überhaupt nur in der mittelfristigen Betrachtung abzuarbeiten ist.

Ich habe in meinem Beitrag zum Haushalt 2019 bereits darauf hingewiesen, dass wir aus der Erfahrung der Vorjahre im groben Durchschnitt nur ca. 17 Millionen Euro Investitionsmaßnahmen umsetzen können. Der Haushalt 2019 wies ein Investitionsvolumen von 23,3 Millionen Euro aus. Das Ergebnis der abgearbeiteten oder durch Festlegungen und Aufträge fixierte tatsächliche beträgt lediglich ca. 15 Millionen. Das ist eine Umsetzungsquote von ca. 63%.

Der Haushaltsplan  für 2020 weist indes ein Investitionsvolumen von über 28 Millionen aus. Die aufgeführten Schwerpunkte, d.h. Maßnahmen ab 200.000 Euro aufwärts, umfassen allein 47 Projekte aus dem gesamten Aufgabenspektrum. Im Hinblick die von mir dargestellte Aufgabenvielfalt sicherlich berechtigt und wünschenswert. Bei der Betrachtung und Einschätzung der Umsetzungsfähigkeit kommen doch deutliche Fragezeichen auf. Das soll jetzt keine Schelte sein, die im Übrigen für die Gesamtheit von Verwaltung und Politik ausgesprochen werden müsste. Vielmehr sollten wir gemeinsam darauf hinarbeiten, dass der Maßnahmenkatalog sich zukünftig etwas stärker an der tatsächlichen Umsetzungsfähigkeit orientiert. Dies setzt im Sinne von Klarheit und Wahrheit voraus, dass wir uns, wie bereits mehrfach von der UWG gefordert, an eine konkrete Prioritätenliste halten und die beschlossene Liste –soweit sachlich geboten- der Reihenfolge entsprechend abarbeiten.

Ich möchte nun auf einige wenige Schwerpunkte aus der Sicht der UWG-Fraktion eingehen:

Wir haben in der letzten Ratssitzung im Zusammenhang mit der Liste über die nicht ausgeführten Beschlüsse das Thema „Reduzierung der Eingangsgeschwindigkeit in die Ortsteile“ nochmals auf die Umsetzung und Weiterführung dieser Maßnahmen hingewiesen. Der Rat hat der Weiterführung und Abarbeitung dieses Projektes ab diesem Haushaltsjahr bejaht. Ich kann der vorliegenden Veränderungsliste zum Haushalt jedoch keinen Ansatz für 2020 entnehmen. Ich gehen wir davon aus, dass dies ganz einfach übersehen wurde. Ich beantrage daher, dies im Zusammenhang mit dem anstehenden Haushaltsbeschluss nachzuholen und 60.000 € für die Maßnahme 2020 einzustellen.

Die beherrschenden Themen der letzten Monate basieren in starkem Maße auf den im Rahmen der Demonstrationen der Bewegung  „Fridays for Future“ eingeforderten Maßnahmen zum Klimawandel. Wir als UWG finden es gut, dass sich unsere Jugend so nachhaltig für den Klimawandel einsetzt.

Bisher wurde oftmals beklagt, dass unsere Jugend gänzlich unpolitisch sei! Jetzt, wo junge Menschen zu tausenden für ihr berechtigtes Anliegen auf die Straße gehen, ist es vielen auch nicht mehr recht.

Wir sollten den Schulterschluss mit unserer Jugend,

viele sagen auch unserer Zukunft,

wagen und gemeinsam mit deren Ideen und den Erfahrungen der älteren Generationen auf Augenhöhe nach machbaren Lösungen suchen. Und ich erlaube mir eine persönliche Bemerkung: Jetzt, wo die Jugend deutlich gehört wurde, sollten die Freitage wieder zu regelmäßigem Schulbesuch genutzt werden und die Demos auf die unterrichtsfreie Zeit verlegt werden.

Wir wollen auch nicht in Hektik und wilden Aktionismus verfallen. Dieser Rat hat sich in den letzten Jahren und nicht nur seit letztem Jahr auf vielfältige Weise umweltpolitischen Themen angenommen.

Der auf der Basis des Ratsbeschlusses vom 25.09.2019 nunmehr konkretisierte Umsetzungsantrag von CDU und Bündnis90/Die Grünen mit dem ursprünglich 11 nunmehr 12 Punkten umfassenden Maßnahmenkatalog findet unsere inhaltliche Zustimmung.

Hierin enthalten sind viele Antragskomponenten, die in den letzten Jahren von der UWG-Fraktion in den verschiedensten Ausschüssen und Gremien im Rat durch konkrete Anfragen und Anträgen thematisiert wurden. Sei es  

der frühzeitige Ausbau von Ladestationen für E-Mobile (ich glaube in 2014),

der Weg zur plastiktütenfreien Stadt (2015),

die Vermeidung von Einweggeschirr (2016),

der Antrag zu fehlenden Fahrradabstellplätzen im Bereich des Weidenauer Bahnhof (2017 und erneut 2019),

die Einrichtung von Fahrradschnellwegen (2018),

der Aufbau eines dynamischen Parkleitsystems, zum Thema intelligente Ampelschaltung sowie zur Erstellung eines Nutzungskonzepts für die Sieg-Arena (2019) usw.usw.

Auch die Übertragung der nicht verausgabten Mittel für den Bau von Photovoltaikanagen für städtische Gebäude in das Haushaltsjahr 2020 und die Erweiterung auf private Investoren war Inhalt eines UWG-Antrags.

Weit über 20 Anträge der UWG im Laufe diese Ratsperiode, die inhaltlich 1 zu 1 unter den heute zur Abstimmung stehenden, ich nenne in Bündelungsantrag, zu subsumieren sind.  Viele dieser Anträge wurden mit großer Mehrheit beschlossen, einige – ich nenne beispielhaft den Antrag zum frühzeitigen Ausbau von Ladestationen für E-Mobile- wurden auch von Teilen der heutigen Jamaika-Fraktionen abgelehnt. Nun, es nützt nichts nach hinten zu schauen, wir sind froh, dass auch unsere Ideen und Antragsinhalte nunmehr deutlich mehrheitsfähig sind.

Damit Umweltpolitik „funktioniert“, müssen die Menschen aufgeklärt und überzeugt werden. All das muss den Bürgerinnen und Bürgern so nahegebracht werden, dass es „Spaß“ macht oder zumindest akzeptiert wird, beispielsweise das Auto mal stehen zu lassen und mit dem Bus oder dem Fahrrad zu fahren.

Ja, und dann müssen oder sollten gefasste Beschlüsse –ich relativiere- nach Möglichkeit, auch nach dem Zeitplan abgearbeitet werden wie es die Beschlusslage vorsieht. Auf unseren Antrag hin hat der Rat am 07.06.2017 die Erstellung eines Verkehrsentwicklungsplans mit weitreichenden Inhalten, die auch wiederum im Zusammenhang mit dem heute zur Beschlussfassung anstehenden Bündelungsantrag zu sehen sind, auf den Weg gebracht. Der Beschluss spricht zwar von einem angestrebten Zeitplan für die Umsetzung des Maßnahmenbündels im Jahr 2019, die Realität sieht indes so aus, dass wir auch im Jahr 2020 weit von der abschließenden Umsetzungsfähigkeit entfernt sind. Hier müssen wir eindeutig besser werden, da wesentliche Inhalte und Diskussionen von heute mit der Erfüllung des Beschlusses von 2017 zu führen sind.

Das Thema Sicherheit und Ordnung ist ein weiteres Feld, wo wir Beschlüsse im Rahmen des Sicherheitskonzeptes bereits gefasst haben, wo wir aber mit der Ausgestaltung einiger Bereiche –ich sage mal etwas flapsig- etwas hinterherhinken.

Ein großes Ärgernis ist zum Beispiel die zunehmende Vermüllung unserer Stadt. Wir mussten in der jüngsten Vergangenheit eindrücklich in der Presse schier unglaubliche Auswüchse im Bereich unserer Wertstoffdepots  zur Kenntnis nehmen. Neben den eigentlich vorgesehenen Fraktionen von Glas und Pappe wird zwischenzeitlich jegliche Art von Müll, sei es Sperrmüll mit Teilen von Wohnungsauflösungen, sei es Gewerbemüll jeglicher Art, ja selbst Abfälle aus dem Gastronomiebereich finden sich mittlerweile dort wieder.

Die Verwaltung mit dem Bereich der Stadtreinigung ist, dass ist deutlich erkennbar, mit dem jetzigen Personalbestand wohl kaum in der Lage, diesen Missstand befriedigend zu beseitigen. Das bloße Rufen und Fordern von mehr Personal ist jedoch nach unserer Auffassung zu kurz gegriffen. Hier bedarf es eines noch für die Stadt Siegen anzupassenden Konzeptes.

Die UWG-Fraktion hat sich durch eine Berichterstattung des WDRs über den Einsatz von sog. „Abfallkontrolleuren“ in der Stadt Bochum informiert. Unter dem Themenkomplex „Wir sehen rot“ wurden von dem Tochterunternehmen der Stadt, der USB Bochum, auf Beschluss des Rates vom September 2018 4 (vorerst befristete) Personalstellen für Umweltkontrolleure  eingerichtet und nach Qualifizierungsmaßnahmen zum 01.01.2019 mit der Aufgabenwahrnehmung begonnen. Um es im Rahmen meines Beitrages kurz zu machen, Ziel des Einsatzes ist einen Prozess zur Umkehr der negativen Entwicklungen und Zustände in der Stadt mit nachhaltiger Wirkung einzuleiten.

Neben Beratungen soll aber auch die Verfolgung und Ahndung von Umweltverstößen, gleich welcher Art sein. Im Laufe des Jahres 2019 wurden bedingt durch den großen Erfolg des Projektes weitere 2 Mitarbeiter in diesem Bereich eingestellt. Die Kosten des Personalaufwands werden überwiegend durch verhängte Bußgelder getragen; die Synergien durch Minderaufwände bei der Beseitigung von wilden Müllkippen etc. dürften aber auch nicht unerheblich sein.

Wir beantragen daher, dass sich die Verwaltung mit dem dortigen Konzept vertraut macht und, ggfls. im Rahmen einer Vorortinformation unter Beteiligung der beteiligten Fachausschüsse prüft, ob und inwieweit ein derartiges Konzept für Siegen übertragbar sein könnte. Sodann sollte eine Befassung des Ausschusses für Feuerschutz, Sicherheit und Ordnung sowie des Ausschusses für Umwelt, Landschaftspflege und Energie  erfolgen. Die Umsetzung könnte dann im Laufe des Jahres 2020 erfolgen.  

Im Zusammenhang mit dem Thema Sicherheit und Ordnung noch eine Anmerkung: Die UWG hat in der Vergangenheit mehrfach die eine Kameraüberwachung in bestimmten Gefährdungsbereichen der Innenstadt als probate Präventionsmöglichkeit gesehen. Dem steht nach unserer Kenntnis die aktuelle nordrheinwestfälische Gesetzeslage entgegen. Wie man vor diesem Hintergrund auf die Idee kommen konnte, eine Kameraüberwachung im Bereich der Wertstoffdepots für u.U. umsetzungsfähig ansehen kann erschließt sich uns nicht. Egal wie, wir müssen uns dieses Themas widmen und eine nachhaltige Verbesserung erreichen. Wenn wir uns nicht auf ein für Siegen angepasstes, ich nenne es mal Bochumer Konzept oder ähnliches, einigen können, bedarf es in diesem Bereich einer nachhaltigen Personalverstärkung. Die Schaffung von weiteren 5 Planstellen in diesem Bereich dürfte dann nicht zu hoch gegriffen sein.

Stichwort Haushaltsausgleich 2022:

Der Ausgleich unseres dauerhaft kränkelnden Haushalts ist erklärtes gemeinsames Ziel. Hier nützt es nichts mit der plakativen Forderung eines rasenmäherähnlichen Rotstifts über alle Haushaltsstellen und den Bereich der freiwilligen Leistungen hinwegzufahren. Vor dem Hintergrund der überwiegenden Fremdbestimmung unseres Haushalts bedarf es neben intelligenten Lösungsansätzen auch einer deutlichen Zurückhaltung bei den immer wieder aufkommenden neuen Projekten in unserer Stadt.

Wir stellen zwar seit dem Jahr 2016 fest, dass der Trend des ständig steigenden Kassenkreditbestandes von 249 Mio. auf nunmehr 235 Mio. Euro gefallen in 2020 ist. Das ist sicherlich nicht nur, aber auch ein Verdienst von unserem Kämmerer und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich möchte mich daher an dieser Stelle bei Ihnen, Herr Cavelius und ihrem Team, recht herzlich für ihre geleistete Arbeit bedanken. Wir sollten die Mahnungen aus der Kämmerei ernst nehmen und diesen Entschuldungsprozess  weiter beschreiten, da wir bei ggfls. mittelfristig steigenden Zinssätzen nicht nur mit blauen Augen nach Hause gehen werden.

Ein Haushaltsausgleich wird jedoch nur gelingen, wenn die Einnahmen, die maßgeblich von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unserer gewerblichen Wirtschaft sowie einer guten Beschäftigungslage  abhängt, nicht nachhaltig einbrechen. Ich hoffe daher für uns alle, dass die im letzten Jahr aufgetretenen, ich nenne es mal Turbulenzen, im Zusammenhang mit Strafzöllen, dem Brexit und nunmehr mit den aktuell weltweit steigenden Corona-Virus-Erkrankungen nicht die teilweise befürchteten negativen Auswirkungen auf unseren haben.

Die UWG-Fraktion wird diesem Haushalt zustimmen. Hierbei gehen wir davon aus, dass unser Hinweis und Antrag bezüglich der Umsetzung der Maßnahme „Reduzierung der Eingangsgeschwindigkeit der Ortsteile“ in die Beschlussfassung einbezogen wird.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und bedanke mich abschließend bei der Verwaltung für die im letzten Jahr geleistete Arbeit.

Glückauf

« zurück zur Übersicht