Beitrag zum Haushalt 2022

Stellungnahme der UWG- Fraktion zum Haushalt 2022

Nachdem der Haushalt 2021 im Wesentlichen von und unter dem Eindruck von Corona geprägt war, ist die Pandemie im Abklingen und tritt im Angesicht des Angriffs Russlands auf die Ukraine in den absoluten Hintergrund.

Die nachfolgenden Punkte ersetzen die ansonsten übliche Haushaltsrede zur Ausgestaltung des Haushalts 2022. Die Stellungnahme ist neben der Betrachtung der UWG-Fraktion zu den Ausgaben und Einnahmen und der im Jahr 2022 gesehenen Handlungserfordernisse auch deutlich gekennzeichnet von den bisher für unvorstellbar angesehenen Kriegshandlungen in der Ukraine. Ängste, Befürchtungen und Veränderungen, die unser Kanzler Olaf Scholz am Sonntag in seiner Regierungserklärung mit den Worten

Wir sind in einer anderen Welt angekommen“

zusammengefasst hat.

Unsere Stellungnahme soll damit einige wesentliche kommunalpolitischen Standpunkte für die UWG-Fraktion für die Verabschiedung des Haushalts im Jahr 2022 verdeutlichen und stellt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie soll zudem die Bereitschaft, die auf uns zukommenden krisenbedingten Aufgaben und Probleme zielorientiert und konstruktiv zu begleiten, dokumentieren.

Eine Woche nach Beginn der Kriegshandlungen sind die Menschen in Europa und darüber hinaus zutiefst beunruhigt und verängstigt über das, was nur 2.000 Km von der Bundesrepublik Deutschland in der Ukraine stattfindet.

Und langsam werden erste Folgen des Krieges auch in unserer Region, in unserer Stadt spürbar. Bereits jetzt sind geschätzte 400.000 Menschen, wegen des Ausreiseverbots für Männer, überwiegend Frauen und Kinder, auf der Flucht. Ein Ende ist wegen der sich zuspitzendenden Lage im Kriegsgebiet nicht absehbar. Die ersten Flüchtlinge sind in Siegen angekommen, bedürfen unserer Hilfe, müssen untergebracht und versorgt werden.

Die heimische Wirtschaft, die vielfältige geschäftliche Verbindungen in die Krisenregion und nach Russland unterhält, ist deutlicher Seismometer für die sich abzeichnenden Beben, die auch in unserer heimischen Wirtschaft und damit auch für den Haushalt und die Handlungsfähigkeit unserer Stadt von extremer Bedeutung sind. Unser Haushalt ist über die Gewerbesteuer, dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer sowie der Umsatzsteuer in starkem Maße von der Ertragslage unserer Industrie-Gewerbe- und Handelsbetriebe abhängig. Auch die Schlüsselzuweisungen des Landes sind nur im Kontext unserer Wirtschaftskraft und im Rahmen der Gesamteinnahmen des Bundes und der Länder zu betrachten.

Der vorliegende Entwurf des Haushaltsplanes 2022, den unser Kämmerer zusammen mit den Fachabteilungen unserer Stadtverwaltungen vorgelegt hat, basiert auf den Ergebnissen der Vorjahre und den für 2022 aufgrund der gesetzlichen und durch Beschluss des Rates prognostizierten Kosten. Er ist das Ergebnis eines des bereits ab Sommer 2021 begonnenen Kalkulationsprozess. Noch vor ein, zwei Monaten konnte sich niemand einen Krieg in Europa vorstellen. Jeder ging davon aus, dass Krieg im 21-ten Jahrhundert undenkbar ist. Insoweit ist der vorliegende Entwurf des Haushalts 2022 der Stadt Siegen mit Vor- und Umsicht zu betrachten.

Aufgrund der aktuellen Stimmverteilung sind Mehrheiten im Rat der Stadt Siegen nur im Rahmen von Allianzen zu erhalten. Wir haben daher zusammen mit den Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Linke, Volt, und der neuen Fraktion im Rat GfS einen gemeinsamen Antrag für die Verabschiedung des Haushalts eingebracht. Ein derartiger Antrag ist nur mit Kompromissen möglich. Das Ergebnis ist überraschend gut, zielführend und stellt eine deutliche Alternative zu dem von Schwarz-Rot gestellten Antrag.

Für uns als UWG war und ist es besonders wichtig , die Bürgerschaft wegen der aktuelle ständig steigenden Lebenshaltungskosten so wenig wie möglich durch öffentliche Abgaben zu belasten. Insoweit war für die UWG eine Grundsteuererhöhung von 100%, sowie eine Gewerbesteuererhöhung, wie ursprünglich von der SPD gefordert, nicht machbar. Wir hätten am Liebsten gänzlich auf eine derartige Erhöhung verzichtet. Da wir aber durch die Vorgaben des Landes gezwungen sind, einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren, haben wir uns „mit Schmerzen“ der ursprünglichen Vorlage des Kämmerers mit einer Erhöhung um 60% genähert. Wir werden einer Grundsteuererhöhung um 60 Prozentpunkte daher zustimmen.

Wir möchten auch deutlich darauf aufmerksam machen, dass wir bei der Veranschlagung und Projektierung von Investitionen zukünftig die tatsächlichen Umsetzungsmöglichkeiten unserer Verwaltung stärker im Auge behalten müssen. Jahr für Jahr wird die Liste der Investitionsmaßnahmen länger. Wir beschließen deutlich mehr Investitionsmaßnahmen als tatsächlich umgesetzt werden können. So schieben wir regelmäßig 20 Mio. nicht erledigte oder begonnene Maßnahmen vor uns her und satteln neue Maßnahmen, die die zukünftigen Haushalte zum Teil extrem belasten zusätzlich auf. Hierbei erfahren sogenannte Leuchtturmmaßnahmen in der Umsetzung nahezu regelmäßig den Vorzug vor Infrastrukturmaßnahmen. Beispielhaft sei hierzu die Beschlussfassung über den Umbau des Bunkers in der Oberstadt genannt. Verschwiegen wird bei der Beschlussfassung, dass man damit die immensen Unterhaltungskosten von geschätzt mehr als eine Millionen Euro/Jahr, soweit kein Geldregen die Stadtkasse saniert, den Grundstein für weitere Grundsteuererhöhungen (ca. 25 Prozentpunkte) gelegt hat. Das bedeutet in der Praxis, dass bei Umsetzung des Bunkerprojekts ungeachtet der Millionenzuschüsse jeder Siegener Haushalt jährlich mit ca. 20 Euro für die Unterhaltung des Bunkerprojekts belastet wird.

Wir haben bereits vor 10 Jahren gefordert, dass zur Verkehrssicherung und der Reduzierung von Verkehrslärmbelästigungen in den Ortseingangsbereichen Maßnahmen zur Reduzierung der Eingangsgeschwindigkeit durchgeführt werden sollten. Der Rat hat daraufhin mit großer Mehrheit beschlossen, jedes Jahr mindestens eine Maßnahme durchzuführen und auf der Basis damaliger Kostenschätzungen 80- bis 100.000 Euro zur Verfügung zu stellen. Geschehen ist bisher nichts. Nun, zu Anfang des Jahres 2022, sind erstmals entsprechende Maßnahmen in zwei Bezirksausschüssen vorgestellt worden. Wir fordern, die hierfür erforderlichen Haushaltsmittel im Haushalt 2022 abzusichern und die Maßnahmen in 2022 durchzuführen. Die weiteren noch ausstehenden Maßnahmen und die hierfür erforderlichen Mittel sollen sodann in die Haushaltsplanung der Folgejahre aufgenommen werden.

Im Vertrauen auf die Ankündigungen aus den Reihen der Politik gehen wir davon aus, dass, wie in anderen Bundesländern bereits erfolgt, auch in NRW die KAG-Kosten für Straßenbaumaßnahmen nach der Landtagswahl alsbald abgeschafft werden. Daher sollen alle in Frage kommenden Straßenbaumaßnahmen in diesem Jahr zurückgestellt werden. Die bereits in den Haushaltsplan aufgenommenen Maßnahmen sollen insoweit mit einem Sperrvermerk versehen werden. Der Rat wird die Entwicklung abwarten und sich im Jahr 2023 erneut mit diesem Thema befassen.

Wie bereits eingangs erwähnt ist die Liste der für uns prioritären Maßnahmen nicht vollständig. Der Ausgleich unseres Haushalts muss dieses Jahr im Vordergrund stehen. Darüber hinaus bleibt abzuwarten, welche Krisenbedingten Belastungen auf uns zukommen. Wir wollen uns aber trotzdem den kommenden Aufgaben mit Zuversicht stellen. In diesen Zeiten müssen alle demokratischen Kräfte zusammenstehen und „Klein-Klein-Schamützel“ nach Möglichkeit vermeiden.

In diesem Sinne möchte ich mich, wie nach Haushaltsreden guter Brauch, gelichwohl schon im Monat März und lediglich im Rahmen eines Textbeitrags, bei den Mitarbeitern*innen der Stadtverwaltung für die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit recht herzlich bedanken. Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien für das kommende sicherlich nicht leichte Jahr 2022 alles Gute, Gesundheit  und Gottes Segen!

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