Haushaltsrede 2011 der UWG Fraktion
Sehr geehrte Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren des Rates,
zum zweiten Mal in diesem Jahre befinden wir heute über einen Haushalt. Und wiederum ist es keine erfreuliche Beratung, denn wiederum müssen wir feststellen: wir sind in keiner guten Ausgangslage; wir sind die Verwalter eines Nothaushalts!
Das unerfreuliche reine Zahlenwerk wurde in den Ausführungen meiner Vorredner bereits ausführlich dargelegt und bedarf keiner Wiederholung.
Ich möchte aber trotzdem auf einige, nach unserer Auffassung wichtige Punkte eingehen, gleichwohl diese Auflistung in Anbetracht des Zeitrahmens keineswegs vollständig ist. Ich freue mich, dass es sich abzeichnet, dass dieser Haushalt von einer großen Mehrheit getragen wird. Ich denke, dass ist das richtige Signal für die Aufsichtsbehörde, die dieses Zahlenwerk und die dahinter stehenden Einnahme- und Ausgabepositionen im Rahmen der Bestimmungen zur Haushaltsführung genehmigen muss, darstellt.
Die UWG Fraktion wird diesem Haushalt in der vorgelegten Form zustimmen. Nun aber zum Inhaltlichen:
Worin liegt die Finanzmisere dieser Stadt begründet?
- Geringere Steuereinnahmen
Gleichwohl die Wirtschaft wieder erfreulich angesprungen ist und die Beschäftigungs- und Auftragslage bei den hiesigen Firmen wieder eine positive Entwicklung genommen hat, wirkt sich dies bei der aktuellen Gewerbesteuerentwicklung noch nicht aus; hier werden wir erst in den Veranlagungszeiträumen ab 2012 eine spürbare Verbesserung feststellen. - Erhöhungen bei der Kreisumlage
Die Festesetzung der Kreisumlage, die jährlich einen breiten Raum in der politischen Diskussion bei Städten und Gemeinden einnimmt, hat der Kreistag für den Kreis Siegen-Wittgenstein am letzten Freitag vorgenommen.
Für den Kreis sind die Sozialausgaben und da wiederhole ich meine Aussagen von letzter Woche im Kreistag, da diese auch Geltung und Auswirkung hier in Siegen haben, für den Kreis sind insbesondere die Sozialausgaben nicht mehr beherrschbar, da die überwiegend durch gesetzliche Pflichtaufgaben geprägten Ausgaben mit den durch Land und Bund hierfür zur Verfügung gestellten Mitteln nicht annähernd gedeckt werden können.
Zwangsläufig werden die im Rahmen der Umlageverpflichtung von Städten und Gemeinden einzufordernden Umlagebeträge immer höher - was im Lichte der eingangs bereits erwähnten dramatisch reduzierten Steuereinnahmen auf der gemeindlichen Seite zu der landauf landab feststellbaren Tendenz der Überschuldung kommunaler Haushalte geführt hat und weiter führen wird.
Ich möchte dies durch die folgende Gegenüberstellung verdeutlichen:
Auf der Basis des Beschlusses mit einer Festsetzung der Kreisumlage auf 45,75 Prozentpunkte liegt der von der Stadt Siegen an den Kreis abzuführende Umlagebetrag bei 50,2 Millionen Euro! Vergleicht man diese gigantische Zahl mit den Aufwendungen im Jahr 2001, wo die Festlegung noch bei 32,19 Mio. Euro lag, stellen wir fest, dass sich die Umlage in nur 10 Jahren um fast 56 Prozent erhöht hat.
Wenn seitens des Bundes und der Länder kein konkretes Umdenken erfolgt und aus diesem Umdenken keine konkreten Schlussfolgerungen gezogen werden, ist bei allen Sparbemühungen, der flächendeckende Kollaps der kommunalen Selbstverwaltung vorprogrammiert. Erste Signale des Bundes sind erkennbar, - warten wir ab, was in der Praxis in Euro und Cent daraus wird!
Es macht aber keinen wirklichen Sinn, den Kreis allein aus dem Gesichtspunkt der Solidarität durch eigene Verschuldung zur Reduzierung der Kreisumlage ebenfalls in den Nothaushalt zu treiben, ohne die Chance auch nur eine Kommune aus der Haushaltssicherung entlassen zu können.
Unabhängig davon fordern wir den Kreis Siegen Wittgenstein auf, alle möglichen Maßnahmen zu organisatorischen und aufgabenbezogen Kostenreduzierung zu ergreifen und mögliche disponible Aufwendungen einer Notwendigkeits- und Zweckmäßigkeitsuntersuchung zu unterziehen. Auch der Kreis sollte im Interesse der Finanzsituation der Städte deutlich zu erkennen geben, dass er bereit ist zu sparen. - Kinder-, Jugend- und Familienhilfe
Da die Stadt Siegen mit einem eigenen Jugendamt und den daraus erwachsenden Pflichtaufgaben zumindest in diesem Bereich vor dem gleichen Dilemma steht wie der Kreis, gilt auch hier die gleiche Aussage:
Wir dürfen es nicht mehr hinnehmen, dass z. B. die Kosten für die Heimunterbringung im Bereich der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe ins Unermessliche steigt. Mit fast 5 Millionen Euro allein für die stationäre und teilstationäre Unterbringung sind die überwiegend von der aktuellen Fallzahl abhängigen Aufwendungen einfach nicht akzeptabel. Wir sollten gemeinsam mit dem Kreis Überlegungen zur gemeinsamen Wahrnehmung dieser Aufgaben mit einer aktiven Vernetzung aller in diesem Bereich tätigen Behörden, Verbände und Einrichtungen anstellen, um durch Qualität in der Betreuung die Kosten in diesem Bereich zu senken und damit eine hochanspruchsvolle gesellschaftspolitische Aufgabe zu erfüllen.
Mit der Vermeidung von nur ein bis zwei Heimunterbringungsfällen können wir, die sonstigen Kosten eingerechnet, die Kosten eines Sozialarbeiters in diesem Bereich abdecken.
Damit leite ich über zu einem Punkt der auch noch auf der Tagesordnung steht: der gutachterlichen Untersuchung des Fachbereiches 5. Hierzu hat es einen von CDU, FDP und UWG getragenen Beschluss gegeben, der eine erforderliche Vorermittlung der Kosten und der inhaltlichen Ausrichtung einer derartigen Untersuchung zum Inhalt hatte.
Die zum heutigen Zeitpunkt vorliegende vorläufige Kostenschätzung hat zunächst einmal abschreckende Wirkung. Wir sind aber der festen Überzeugung, wenn wir die Untersuchung dieses Fachbereiches nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Personaleinsparung, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der qualitativen Ausschärfung betrachten, dass wir es schaffen könnten durch eine Reduzierung der Fallzahlen Kosten in nicht unbeträchtlicher Höhe einzusparen.
Insoweit macht es aus Sicht der UWG Sinn, im folgenden Jahr die inhaltlichen und fachlichen Voraussetzungen zu definieren, gemachte Erfahrungen in anderen vergleichbaren Städten mit den Problemstellungen in Siegen abzugleichen und dann im Jahr 2012 diese Mammutaufgabe anzugehen. Von einem nur auf einzelne Bereiche rein aus Kostengründen reduzierten Aufgabenumfang halten wir daher gar nichts. Eine abgespeckte Untersuchung liefe nach unserer festen Überzeugung Gefahr, das gleiche Schicksal, wie die Orga-Untersuchung im Baubereich zu erleiden, wo der Anteil der umgesetzten Vorschläge bisher eher bescheiden ist.
Wir müssen gemeinsam die Ziele definieren und eine positive Entscheidung aber nur dann fällen, wenn wir auch tatsächlich gewillt sind, die Ergebnisse anzuerkennen und dann auch gegen Widerstände konkret umzusetzen. Nebenbei erlaube ich mir noch den Hinweis, dass diese Vorgehensweise den Vorteil hätte, dass Frau Bammann als zuständige Beigeordnete mit den in dieser Zeit gewonnenen Erkenntnissen diese so wichtige Organisationsmaßnahme viel intensiver mit gestalten könnte. - Museum Oberes Schloss
Mit den durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen im Museum „Oberes Schloss“ wurden die Rahmenbedingungen für eine Attraktivitätssteigerung dieser Einrichtung geschaffen. Es gilt nunmehr, das Museum stärker in den Focus der Öffentlichkeit zu stellen und gemeinsam mit der Kulturverwaltung und der Museumsleitung Maßnahmen zur Verbesserung der Besucherzahlen einzuleiten. Wir sind zuversichtlich, dass dies auch gelingen kann, wenn man bereit und offen für neue Ideen ist.
Eine durchaus marktgerechte Erhöhung der Eintrittspreise allein ist jedoch nach unserer festen Überzeugung zu kurz gegriffen. - Bürgerhäuser
Wir sollten die Bürgerhäuser verstärkt in die alleinige Verwaltung von Betreibervereinen geben. Hierzu erwarten wir von der Verwaltung ein Bürgerhauskonzept, welches die Besonderheiten der jeweiligen Ortsteile berücksichtigt und dabei Doppelstrukturen einerseits sowie durch die Eigenverwaltung der übernehmenden Vereine den dauerhaften Kostendruck andererseits reduziert.
Es muss auch nicht zukünftig jede freiwerdende Schule oder öffentliche Einrichtung für die Einrichtung eines Bürgerhauses herhalten. -Hinweis auf Verkauf- - Beschlüsse 2010
Die Haushaltsbeschlüsse 2010, die eine Veränderung der Beschlüsse zum Haushalt 2009 beinhalteten, wollen wir in das Haushaltsjahr 2011 überführen.
Hierbei ist uns wichtig, dass wir etwaige Restmittel aus dem Haushalt 2010 zusätzlich in den Haushalt 2011 übertragen. Wir wollen es auch nicht mehr hinnehmen, dass Haushaltsbeschlüsse nicht oder nur unzureichend umgesetzt werden. Ich möchte dies am Beispiel des Beschlusses zu Durchführung von Maßnahmen zur Reduzierung der Eingangsgeschwindigkeit in Ortsteilen festmachen: Beschlossen im Jahr 2009, überführt in das Jahr 2010 mit einem Haushaltsansatz von 117.000 Euro stellen wir Ende dieses Jahres fest, dass der Haushaltsansatz im Entwurf auf 50.000 Euro reduziert wurde und in den Erläuterungen vermerkt ist, dass für derartige Maßnahmen eine VE in Höhe von 50.000Euro eingerichtet sein soll ohne, dass bis zum heutigen Tage Maßnahmen durchgeführt oder ein Entwurf für ein konkretes Handlungskonzept vorgelegt wurde.
--Hinweis auf Langenholdinghausen--
Ein weiteres Beispiel ist die digitale Erfassung der stadteigenen und in der Verwaltung liegenden Gebäude zur Erleichterung der Gebäudeunterhaltung. In 2008 beschlossen, in 2009 überführt, wurde auch diese Maßnahme, gleichwohl Anregungen für eine erheblich kostenneutralere Durchführung der Maßnahme gegeben wurden, ebenfalls nicht angegangen. Die Mehrkosten allein bei der Baumaßnahme Striegelborn, die im Vorhinein vom Schreibtisch des Sachbearbeiters feststellbar und vermeidbar gewesen wären, übersteigen allein bereits den Kostenaufwand für die erforderliche Erhebung.
So meine sehr geehrten Damen und Herren, möchten wir nicht weitermachen. Beschlüsse des Rates müssen, soweit rechtlich zulässig in der beschlossenen Form ausgeführt und nicht nach Interpretation der Verwaltung ausgeführt oder verzögert oder ganz einfach nicht ausgeführt werden.
Wir wollen aber nicht zurückblicken, sondern zusammen mit allen politischen Kräften dieses Hauses und der Verwaltung gemeinsam nach Schnittmengen suchen und im Rahmen des haushalts- und finanztechnisch Machbaren diese Stadt weiterbringen.
Insoweit war es uns wichtig, den Rahmen der Ausgaben nicht auszuweiten, sondern mit eher zurückhaltenden neuen Projekten und damit verbundenen Kosten die bisherigen Beschlüsse nicht zu gefährden und das Vorhandene soweit als möglich zu sichern.
Ich sage mit aller Deutlichkeit, dass auch die UWG, die ja bekanntlich nicht für den Abriss des Maria Rubensplatzes eingetreten ist, sich an den getroffenen Beschlüssen orientiert. Wir können es uns insgesamt nicht leisten, bei den anvisierten Maßnahmen und den Planungen zur Regionale 2013 Schiffbruch zu erleiden. Dies wäre ein Imageverlust der nicht wieder gut zu machen wäre. Wir müssen aber auch dafür eintreten, dass der Finanzrahmen für diese Projekte nicht ausgedehnt wird. Wir können es uns in der gesamtstädtischen Verantwortung auch nicht leisten, alle anderen notwendigen Investitionen den Regionaleprojekten unterzuordnen und in Anbetracht der Vorgaben des Nothaushalts den vorgegebenen Kreditdeckel ausschließlich oder nahezu ausschließlich für diese Projekte auszuschöpfen.
Ich möchte meine eingangs bereits gemachte Aussage wiederholen: die UWG-Fraktion wird dem Haushalt 2011 zustimmen. Zum Abschluss meiner Ausführungen möchte ich mich im Namen der UWG-Fraktion bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit zu bedanken. Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien eine schöne Adventszeit, ein fröhliches Weihnachtsfest sowie ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2011
Glück Auf!
Hans Günter Bertelmann